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Verkehrsrecht: keine Vorschusspflicht im Schadensfall

Schadenersatz und Schmerzengeld bei Unfall

Ein fremdverschuldeter Verkehrsunfall kann für den Mandanten äußerst ärgerlich und auch zeitaufwändig sein.

Bereits im Erstgespräch in meiner Kanzlei habe ich darauf hinzuweisen, dass die durchschnittliche außergerichtliche Abwicklung einer Verkehrsunfallsache ca. zwei bis drei Monate dauert. In jenen Fällen, in denen die Verschuldensfrage strittig ist und auch die Klage eingebracht werden muss, ist mit einer Dauer von ca. einem Jahr zu rechnen.

Als mühsam gestaltet sich die Schadensabwicklung aber auch in jenen Konstellationen, in denen zwar das Fremdverschulden von der gegnerischen Versicherung eingeräumt wird, die Reparaturabsicht des in seinem Vermögen geschädigten Mandanten jedoch angezweifelt wird.

Der rechtliche Hintergrund ist hier folgender: Die Rechtsprechung fordert, dass für den Ersatz der Reparaturkosten der Geschädigte zumindest ernsthaft beabsichtigen muss, die Reparatur auch tatsächlich durchzuführen. Wird die Reparatur nicht vorgenommen oder liegt keine Reparaturabsicht vor, so erhält der Geschädigte die fiktiven Reparaturkosten nur im Ausmaß des Wertersatzes (objektive Wertminderung der Sache infolge der Beschädigung; vgl Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1323, Rz 17).

Vor allem ausländische Haftpflichtversicherungen zweifeln die Reparaturabsicht oft an und bestehen auf die Übermittlung einer Reparaturrechnung, noch bevor der Schadensbetrag ausbezahlt wird. Der Mandant müsste sohin für die Kosten der Reparatur vorerst selbst aufkommen, was insbesondere bei hohen Reparaturkosten einfach unzumutbar wäre.

Der Geschädigte ist der einschlägigen Rechtsprechung zufolge jedoch nicht verpflichtet, eigene Mittel für die Schadensbehebung einzusetzen und kann daher schon vor der Durchführung der Reparaturarbeiten ein Kostenvorschuss für die Schadensbehebung gefordert werden (vgl Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1323, Rz 16).

Zumal die Vorschusspflicht dem Geschädigten den Einsatz eigenen Kapitals oder eine Kreditaufnahme ersparen soll, ist stets der gesamte zur Schadensbehebung erforderliche Betrag vorzuschießen (vgl Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1333 ABGB, Rz 8). Die Auszahlung des Vorschusses wird durch Aufforderung fällig (vgl RIS-Justiz RS0031088), jedoch frühestens zu jenem Zeitpunkt, zu dem der Geschädigte den Geldbetrag zwecks Schadensbehebung benötigt, wobei dieser allerdings eine angemessene Zeit vor dessen Einsatz zur Verfügung stehen muss (vgl ua OGH 09.04.2015, 2 Ob 173/14a).

Zusammenfassend kann der Geschädigte demnach bereits vor der Reparatur die in diesem Zusammenhang stehenden Kosten von der gegnerischen Haftpflichtversicherung verlangen. Er ist nicht verpflichtet, diese vorab auszulegen. Selbstredend kann die Haftpflichtversicherungsgeberin nach erfolgter Reparatur einen dementsprechenden Reparaturnachweis anfordern.

Mag. Robert Rieger, Rechtsanwalt für Verkehrsrecht

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